Die Stiftsbibliothek

Die Altenburger Stiftsbibliothek – Tempel der Weisheit

Zwischen 1740 und 1744 entstand unter Abt Placidus Much die Altenburger Stiftsbibliothek, ein glanzvoller Höhepunkt seines Umbauprojektes. Der an die 50 Meter lange Saal wird durch drei Kuppeln Paul Trogers (1742) gekrönt, sie zeigen die Göttliche Weisheit und die vier Fakultäten Theologie, Jurisprudenz, Medizin und Philosophie.

Die Bibliothek des Klosters Altenburg wird als der harmonischste Raum des Klosters beschrieben. Besucher sind oft überwältigt von der Fülle von Licht und Farbe. Architekt, Maler, Bildhauer und Stukkateure haben ein kunstvolles Ganzes geschaffen, in dem Bild, Kunstmarmor und Stuck harmonisch zusammenwirken. Paul Troger, der die Architektur von Josef Munggenast schätzte, schuf die prachtvolle Bibliothek nicht als ein modernes Bücherlager, sondern als einen sakralen Raum, einen Tempel des Geistes, der Wissenschaft und der Erkenntnis.

Mit etwa 10.000 Bänden ist die Bibliothek ein Ort des Studiums für die Mönche, dessen geistliche Lesung („lectio“) ein Grundpfeiler des benediktinischen Tagesablaufs ist. Diese Lesung umfasst hauptsächlich die Heilige Schrift, ist aber auch durch andere Literatur bereichert, um das Wissen um Gott zu vertiefen.

Der Bibliotheksraum symbolisiert diese besondere Art der Schriftlesung in der mönchischen Tradition. Biblische Szenen in Ölbildern und Kuppelmalereien sind eingebettet in die Darstellung von Welt und Himmel sowie in die natürliche Umgebung. Die thematische Ausrichtung des Raumes ist die Weisheit, illustriert durch die vier klassischen Studienrichtungen: Theologie und Gerechtigkeit, Philosophie und Medizin.

Die Hauptkuppel zeigt die Königin von Saba bei König Salomon, dem weisesten König des Alten Testaments. Die Kuppelhalle ist in der Mitte offen und erlaubt einen Blick in den Himmel, wo die göttliche Weisheit auf einem Wolkenthron erscheint, mit einem Buch und einem Schild mit der Taube des Heiligen Geistes. Der Raum symbolisiert den Weg zur ewigen Erkenntnis und zum Licht des Glaubens, was das „Altenburger Programm“ weiterführt, wenn man die Bibliothek verlässt und die Bibliotheksvorhalle betritt.

Bibliotheksvorhalle

Die Bibliotheksvorhalle hat das Thema der Wahrheit und Weisheit und lädt zum Nachdenken über das Gelesene ein. Hier wird das Wort Gottes mit der menschlichen Erfahrung verglichen, um zur Wahrheit zu gelangen, die essenziell für Weisheit ist. Johann Jakob Zeiller gestaltete ab 1742 die Kuppel mit Scheinarchitektur, die Darstellungen der vier Jahreszeiten, Erdteile, Fakultäten, menschlichen Charaktere, Elemente und Tageszeiten zeigt. In dieser symbolischen Welt meditiert der Mönch über die Dreifaltigkeit Gottes. Über der Scheinarchitektur wölbt sich eine Kuppel mit einer Lichtöffnung, die den Blick in den Himmel ermöglicht. Dort schwebt Chronos, der Gott der Zeit, der die Wahrheit ans Licht bringt. Die Wahrheit, dargestellt durch Minerva (die Weisheit), will der Mönch durch Lesen und Meditation in der Zeit entdecken. Der tiefere Sinn muss durch reifende Zeit unter dem wörtlichen Sinn gefunden werden.

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